1999 - Dieter Zelle übernimmt als 1. Leiter den Kreis der Taubblinden

Geschichte SHG TBL RE von 1999 bis 2008

Ein Bericht von Dieter Zelle

Ich übernahm als 1. Leiter den Kreis der Taubblinden Recklinghausen ab 1999. Im Dezember 1998 war die Feier in Halten am See und wir verabschiedeten Frau Besten als 1. Leiterin nach 4 Jahren, die im Jahr 1994 diese Gruppe gegründet hatte. Es drohte eine mögliche Auflösung des Vereins, da so kein Nachfolger in Aussicht war.

Plötzlich hatte eine gehörlose Person mich informiert, und so habe ich sofort reagiert. Ich wusste, es musste in Recklinghausen weiter bleiben, und nicht woanders. Ich dachte, dass wir alle sonst zu weit fahren müssten, besonders wenn ich noch schlechter sähe. Und das, obwohl ich nur einmal im Taubblindkreis RE war und ein Frühlingsfest im März 1996 besucht hatte. Ich hatte kaum Ahnung über Taubblinde. Wie lebt er so? Die erste Reaktion der Taubblinden waren bei der Feier nicht begeistert, weil ich nur viermal im Jahr etwas organisieren wollte. Frau Besten machte jeden Monat ein Treffen. TBL hatten es dann doch akzeptiert, weil ich noch berufstätig war, und sonst wäre der Kreis TBL weg.

Im Jahr 1999 bis 2001 hatten 4 mal TBL-Treffen im GLZ in RE stattgefunden, wo viele Besucher gekommen sind. Später wurden immer mehr Treffen in einem Jahr organisiert, denn auch immer mehr Taubblinden aus ganz Deutschland waren nach RE tatsächlich gekommen. Es gab viel zu erzählen, viele Erfahrungsaustausche und die Möglichkeit, sich kennenzulernen. Bei der Vorweihnachtsfeier in RE im GLZ kamen über 20 Personen. Es gab Kuchen und Kaffee frei, unterstützt vom Kreisverband GL RE für die Taubblinden. Darüber hatten sich die TBL sehr gefreut.

Später wurde die Gruppe zu „SHG TBL“ und „Usher“ umbenannt, und es entstand die SHG TBL. Das Gebärlo-Treff (Gebärden und Lormen Abkürzung Gebärlo) fand statt. Später nur TBL-Treff genannt. Ursache: TBL haben größere Probleme als Usher-Betroffene, deswegen sind wir mehr politisch aktiv.
Das Treff wurde von 4 auf 8 bis 10 in einem Jahr erhöht.

Mein Ziel wurde erreicht und erfüllt.

Mir war früh aufgefallen, schon ca. im Jahr 2000, dass meistens Usher-Betroffene allein zum Treff kommen können und für TBL meistens mit seinem Partner oder Geschwister, sogar Eltern begleiten wurden. Für TBL ist es sehr schwierig, eine Begleitung zu finden, wenn die Angehörigen und Freunde keine Zeit haben. Sonst sind TBL nicht mobilisiert und stark isoliert.

Mein Appell, wir brauchen mehr Begleitungen!

Später kam die TBL- Assistenz, damit Angehörige entlastet werden konnten.
Im Jahr 2001 und 2002 kamen über 100 TBL mit wenigen ehrenamtlichen Begleitern zur Vorweihnachtsfeier in RE ins GLZ, darunter war auch der stellvertretende Bürgermeister gekommen. Auch ein Nikolaus mit Geschenkaustausch war dabei. Eine Vorweihnachtsfeier mit guten Erinnerungen. Auch zum Sommerfest 2002 mit Grillen kamen 100 TBLs, die bis in der Nacht lange geblieben waren. Bei vielen Treffs übernachten einige TBLs in Hotels.

2002 fanden erstmalig Workshops statt, die bis Mitte Mai 2004 durchgeführt wurden. Diese fanden am Sonntag (einmal im Monat/ ca. 8 Mal im Jahr) statt, weil samstags das GLZ belegt war. Leider konnten nur etwa 8 bis 12 TBL dabei sein, da öffentliche Verkehrsverbindungen schlecht waren und fehlten die Begleitungen, so sie keine Möglichkeit hatten zu kommen. Es gab viele verschiedene Themen und regen Erfahrungstausch besonders bei „Problem-Themen“. Es wurde sehr gut angenommen, weil es viele Anstöße gab, was TBL sich thematisch so wünschen. Leider konnte der Austausch so nicht fortgeführt werden, aufgrund meines Zeitmangels.

Die Wahl der SHG bei der Mitgliedsversammlung im Jahr 2002 und zum erstmal im Jahr 2004 wurde der Mitgliedsbeitrag eingeführt.

Erste Usher-Treff in Deutschland

Das erste Usher-Treff Deutschlands fand in Berlin im Jahr 2002 statt. Ca 15 Mitglieder von SHG RE plus ca. 6 Begleiter blieben einige Tage mit Übernachtungen dort. Unsere Organisation war erfolgreich und unvergesslich. Die Stadtbesichtigungen und die Feier von SHG Hörsehgeschädigte Berlin war von einer tollen Stimmung begleitet.

Im Sommer 2004 wurde der 10-jährige Anlass der SHG TBL- RE und das 2. Usher-Treffen Deutschlands (gleichzeitig) im GLZ in RE gefeiert. Es waren 270 Personen gekommen; Taubblinde, Usher- Betroffene, Hörsehbehinderte mit deren Begleitungen, und dazu ca. 40 Helfer*innen. Es kamen einige bekannte Gäste (Bürgermeister, einige Politiker aus NRW, der Vorstand des Blindenverbandes und des Gehörlosen- Verbands NRW, einige SHG-Gruppen aus ganz Deutschland, TBL-Mitarbeiter aus Hannover usw.).
Sogar internationale Gäste waren dabei: 4 TBL sind aus der Schweiz gekommen.

Es gab Grußworte von vielen Personen, Gesellschaftsspiele wie Trommelspiele, gefüllte Luftballon mit der Hand erfühlen. Wir hatten alle viel Spaß. Dazu gab es ein Theaterstück, indem ich selbst über dem Flugzeug gespielt habe. Weiter gab es viele Unterhaltungen, Grill, einen Vortrag, Fotoausstellung, Informationen, Aufklärungen im Mehrzweckraum des GLZs usw. Die Feier ging von 11 Uhr bis über Mitternacht. Diese große Feier ist bis heute einmalig und unbeschreiblich in Erinnerung geblieben. Es war sehr schön, und bleibt der ewige Rekord bis heute noch.

Von 2002 bis 2008 wurden viele Ausflüge in viele verschiedene Städte mit Norbert Rinsche als Seniorenleiter erfolgreich durchgeführt. Es war immer sehr schön gewesen. Die Organisationen hat er gut geleistet.

Anfang des Projekts der „Taubblindenassistenz“

Im Jahr 2004 wurde das Projekt der „Taubblindenassistenz“ gegründet. Durch finanzielle Unterstützung von "Der Paritätische Wohlfahrtsverband". Der Förderverein Hörgeschädigte RE hatte es beim DBSV beantragt. Dieses ging bis 2007, anschließend wurde beim Ministerium für Arbeit, Inneres und Soziales, Düsseldorf, die Fortsetzung beantragt und genehmigt. Das MAIS übernimmt das Kosten für die TBA-Ausbildung bis heute, schon 12 Mal (Stand im Jahr 2022) wurde es bisher durchgeführt.

Die Mitarbeiterin des Projekts Frau Döring, Hermann Riekötter (Förderverein), Ulla Benard (Blindenverband GE) und ich hatten gut und erfolgreich zusammengearbeitet. Im Jahr 2012 war die Zusammenarbeit beendet. Das war genug. Ab da macht die jeweilige Projektleitung die Fortsetzung weiter.

Bereits im Jahr 2001 bis 2003 gab es die TBL Beratung durch DPWV.  Der Antrag an das MAIS
war seinerzeit gescheitert, die Beratungsstelle wurde leider geschlossen. Grund hierfür waren,
dass zu wenige TBLs die Beratungsstelle in Anspruch genommen hatten. Warum? Weil TBAs fehlten.
Das war und ist Beweis.

Ca. September 2018 wurde die EUTB NRW für TBLs gegründet und ist wieder aktiv, z.B. in Essen.
Ab 2023 muss EUTB leider wieder schließen, so hat das BMAS entschieden. So kommen die Sorgen wieder zurück.

Ich habe viele Vorträge in ganzen Deutschland über die TBL und Usher-Aufklärungen gehalten. Beim MAIS in Düsseldorf habe ich einige Male bei Gesprächen und Sitzungen teilgenommen. Themen waren TBAs, TBL-Probleme/Situation, und politische Arbeit.

Einige International-Teilnahmen habe ich miterlebt und in schöner Erinnerung: Im Jahr 2000 in Linz bei Österreich, TBL-Kongress mit 3-4 Ländern, im Jahr 2002 in Schweden beim Freizeiturlaub, im Jahr 2003 in Seattle USA beim 25.TBL-Camp und 1.EDBU-Kongress in Dänemark wurden offiziell gegründet. BAT ist bis heute dort Mitglied.
 
Im Jahr 2005 fand der WFDB Kongress in Finnland statt. 4 SHG-Leiter (RE, HH, Köln und Berlin) waren dabei. Mit 3 ehrenamtlichen Begleiterinnen, davon heute 2 GSD. Es war Herausforderung, um neue Erfahrung zu bekommen. In anderen Ländern haben die TBL-Verbände einen großen Vorsprung voraus als in Deutschland.

Im Jahr 2008 habe ich als 1. Leiter der Gruppe aufgehört, weil ich auch als 1. Vorsitzender des
BAT und noch berufstätig war. Der Nachfolger wurde Sebastian Wegerhoff, der vorher schon
2. Leiter war.

Leider merke ich heute, es kommen weniger TBL zum Treff, obwohl es mehr TBAs gibt. Ursache ist wohl, dass sich die Gesellschaft überall stark verändert. Jetzt wollen TBLs mit TBA überall hinfahren anstatt zum TBL-Treff zu fahren. Andererseits ist es schön für die TBL, die endlich aktiv sind.

Dieter Zelle